„Black Dog“ erzählt von der Freundschaft zwischen zwei Außenseitern - FALTER.at (2025)

Neu im Kino

Der preisgekrönte Film des Regisseurs Guan Hu erzählt von einem entlassenen Häftling, einem streunenden Windhund – und dabei viel von Politik und Gesellschaft in China

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FALTER:Woche 49/2024 ,

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Kühe, Strauße und nun Hunde: Der chinesische Regisseur Guan Hu hat ein Faible für animalische Motive als filmische Metaphern. Nach Blockbustern, die keine Sorgenfalten bei der staatlichen Regulierungsbehörde verursachten (zuletzt kam 2020 „The 800“ in die Kinos) überrascht Guan Hu mit dem künstlerisch ambitionierten Film „Black Dog – Gefährten des Schicksals“. Ein Mann, ein Hund: Das ist zunächst einmal keine neue Kombination in der Filmgeschichte. Doch die Freundschaft zwischen Mensch und Tier ist hier Teil einer politischen Erzählung.

Wir schreiben das Jahr 2008. Die Olympischen Spiele in Peking stehen vor ihrem Beginn. Acht gilt in China als Glückszahl; sogar der Start der Eröffnungszeremonie wurde auf den 8. August 2008 um 8.08 Uhr abends gelegt. Es kann nur ein gutes Jahr werden. Nur der wortkarge Lang (Eddie Peng) merkt davon nichts.

Nach einer jahrelangen Haftstrafe kehrt der kahlgeschorene Stoiker in seine Heimatstadt Chixia am Rande der Wüste Gobi zurück. Ein Unfall stoppt abrupt die Fahrt auf der staubigen Landstraße: Ein riesiges Rudel streunender Hunde kreuzt den Bus. Endstation Sandbucht.

Lang setzt den Weg zu Fuß fort. In eine verfallene Industriestadt, wo die meisten Häuser für den Abriss markiert sind. Die Bagger warten, die Menschen halten die Umsiedlungspapiere bereits in Händen. Der absolute Modernisierungswille der Zentralregierung trifft auf einen Turbokapitalismus ohne Platz für Unangepasste. Langs Ankunft bleibt nicht unbemerkt. Fleischer und Clanchef Hu fordert Sühne für seinen verstorbenen Neffen. Dessen Tod brachte Lang hinter Gitter, doch staatliches Recht verschafft Hu keine Gerechtigkeit.

Hinter der Fassade des redefaulen Rückkehrers brodelt ein Gemisch aus Schuld und Scham. Lang besucht seinen entfremdeten Vater, einen vom Alkohol schwer gezeichneten Mann. Verwirrt füttert er die wenigen Tiere in einem desolaten Zoo am Stadtrand. Von seinem Sohn will er nichts wissen. Eine einsame Raubkatze dreht in einem winzigen Gehege ihre Runden: stumme Männer, die auf Tiger starren.

Um Anschluss zu finden, schlägt Langs Onkel Yao – ein Gastauftritt des Arthouse-Regisseurs Jia Zhangke – dem Neffen vor sich einer Hundefängerstaffel anzuschließen. Die bissigen Streuner passen nicht in das Bild einer Gesellschaft im Aufbruch, die sich für die Olympischen Spiele herausputzt.

Das Problem der ausgesetzten Tiere ist hausgemacht. Die erwachsenen Sprösslinge der Ein-Kind-Politik Chinas ließen „leere Nester“ zurück. Die Einsamkeit der Eltern und wachsender Wohlstand des Mittelstandes sorgten für einen Haustier-Boom. Ein noch junges Phänomen: Erst vor wenigen Jahrzehnten hat der Hund in China die kulinarische Kelle verlassen und ist zum besten Freund des Menschen aufgestiegen. Doch die Zahl der gehaltenen Tiere wuchs so schnell, dass lokale Stadtverwaltungen mit der „Ein-Hund-Politik“ reagierten. Die Registrierung der Vierbeiner ist kostenpflichtig. Nicht jeder kann sich das leisten, und die Straße stellt keine Fragen.

Doch anstatt die Tiere einzufangen, zeigt Lang hinter der harten Schale einen weichen Kern. Nicht nur einmal lässt er die flüchtigen Fellknäuel entkommen. Der titelgebende schwarze Hund wird sogar per Aushang gesucht. Ein hagerer Whippet, ein mutmaßlich tollwütiger Windhund, auf den ein Kopfgeld ausgesetzt ist. Schließlich gerät auch er in die Falle, doch Lang versteckt ihn vor den anderen Hundefängern.

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Die beiden freunden sich langsam an. Das geht zwar nicht ohne Bisse, aber während Langs Kommunikation mit Zweibeinern holpert, geben die beiden Unerwünschten einander ohne Worte Halt. Die tiefe Bindung ging sogar über die Leinwand hinaus: Eddie Peng adoptierte die Hauptdarstellerin, Hündin Xin, nach dem Dreh. Zwei Welpen gab es gratis dazu.

Kameramann Gao Weizhe fängt diese intime Annäherung mit sozialem Kommentar im Breitwandformat ein. Ausgewaschene Farben und sanftes Licht unterstreichen das Zeitlose der Geschichte; lakonischer Humor durchzieht den Blick auf gesellschaftliche Ränder. Dafür erhielt „Black Dog“ in Cannes heuer den Preis der Reihe „Un certain regard“. Der vierbeinige Star des Films wiederum durfte mit Stolz das rote Halstuch heimtragen: Xin wurde beim Filmfestival an der Côte d’Azur als beste Filmhündin ausgezeichnet.

Weibliche Figuren spielen im Kosmos der einsamen Männer und der streunenden Hunde eine untergeordnete Rolle. Einzig Grape (Tong Liya), die freiheitsliebende Zirkusartistin, deutet als Langs Love Interest ein vages Glücksversprechen und die Aussicht auf ein anderes Leben an. Doch sie ist keine ernsthafte Konkurrenz für den loyalen, vierbeinigen Gefährten.

Ab Fr in den Kinos (OmU im Votiv)

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